Ein Spaziergang zu Burgen und Schlössern im Bereich der ehemaligen
Bürgermeisterrei Wahlscheid:
Im frühen Mittelalter gehörte unser Ortsbezirk zum
Pfalzgräflichen Auelgau, dessen Kerngebiet Siegburg mit seiner starken
Burg bildete. Nach der Ablösung der pfalzgräflichen Herrschaft
durch Erzbischof Anno II. in der Mitte des 11. Jahrhunderts bestanden auf
unserem Gebiet die Kirchspiele Honrath und Wahlscheid mit zwei
selbständigen Pfarreien. Honrath gehörte bis 1363 zur Herrschaft
Löwenburg, Wahlscheid war der Abtei Siegburg zugeordnet, die wiederum
Nutzungsrechte bzw. Schenkungen als Patronat abgab. Im 16. Jahrhundert
gehörten die Kirchspiele zum Amt Blankenberg. Aus dieser Territorienbildung
entwickelten sich je nach Zugehörigkeit zum jeweiligen Landes- oder
Kirchenherrn ein Land- und Dienstadel, der sich kleine Burgen oder befestigte
Häuser errichtete, die mit zahlreichen Privilegien und umfangreichen
Ländereien ausgestattet waren.
Von diesen Adelssitzen sind noch sichtbare Bauteile erhalten. Aufgrund dessen
wollen wir folgende Herrensitze näher betrachten:
- Burg Honrath (urkundlich erwähnt spätestens 1102)
- Haus Dorp (urkundlich erwähnt 1320)
- Haus bzw. Schloss Auel (urkundlich erwähnt ab 1391)
Beginnen wir unseren Spaziergang an der wohl schönsten und reizvollsten
Anlage, dem im Aggertal gelegenen Schloss Auel. Seit 1391 ist ein Peter von
me Auel bezeugt. Am Ende des 15. Jh. ist das Haus im Besitz der von Meuchen
gen. Auel. Das seit 1763 bestehende Anwesen wurde durch Peter Josef von Proff
errichtet. Seit Anfang des 19. Jh. gehört Haus Auel den Freiherren von
La Valette St. George. Von der 1763 auf altem Grundriss errichteten, früher
mit einem Wassergraben umgebener Schlossanlage, ist heute nur noch das
dreiflügelige Herrenhaus erhalten. 1865 wurden die gleichfalls
dreiflügeligen Wirtschaftsgebäude, die mit dem Herrenhaus einen
rechteckigen Hof umschlossen, abgebrochen und die Wassergräben
zugeschüttet. Der Hauptflügel ist zweigeschossig und mit einem
Mansarddach ausgebildet. Das Hauptportal ist mit einem Flachgiebel
überspannt und mit niedrigeren Walmdächern über den Seitenteilen
ausgebildet. Die im nördlichen Seitenteil gelegene Kapelle wird durch
einen Dachreiter gekrönt. Die beiden eingeschossigen Nebenflügel
schließen mit steilen Mansarddächern und nett eingebauten
Dachhäuschen ab. Sie wurden in Anlehnung an den alten Bestand im Stil
des Barocks im 20. Jh. erneuert. Interessant ist auch die Schlosskapelle
mit ihrer Blendgalerie in Marmorimitation und dem Altar von 1770/80 mit einer
Figur des Heiligen Johann Nepumuk im Aufsatz und einem Relief des Heiligen
auf dem Totenbett im Antependium.
1812 übernachtete Napoleon 1. und 1815 Zar Alexander 1. im Schloss Auel.
Vor dem 1. Weltkrieg war mehrmals der damalige Kronprinz Wilhelm 1.,
späterer Deutscher Kaiser, während seiner Studienzeit in Bonn zu
Gast auf Auel.
Heute befindet sich ein Restaurant mit Hotelbetrieb auf Schloss Auel, dessen
romantische Schlossschänke nach einem Besuch auf Auel zur Einkehr
einlädt.
Von Schloss Auel aus ist nach ca. 20 Min. Fußweg über schöne
Wald- und Wiesenwege die Burg Honrath zu erreichen, die auf einer Anhöhe
über dem Aggertal liegt.
Das Dorf entstand wahrscheinlich im 11. Jh. als Rodungsort der späteren
Grafen von Hückeswagen. Der Name Honrath ist eine Ableitung des
althochdeutschen Hagan, das sinngemäß "eingefriedetes Gut" bedeutet.
Darauf entstand eine sog. Ackerburg, um die sich später Kirche und Dorf
entwickelten. Die erste urkundliche Erwähnung findet im Jahre 1102 statt.
Die Grafen von Hückeswagen erbauten Burg und Kirche, deren vorgesetzter
Westturm gleichzeitig als Wehrturm der Burg diente. Bei einem Rundgang zwischen
Kirchturm und Burg kann man noch sehr gut den Ansatz des Bogengangs erkennen,
mit dem Burg und Wehrturm früher verbunden waren. 1209 schenkte Graf
Arnold von Hückeswagen die Kirche mit ihren Einkünften dem Kloster
Gräfrath. Damit verbunden waren auch die Zehnteinkünfte des Ortes.
Diesen Besitz hielten die Stiftsdamen bis zur Auflösung des Klosters
im Jahre 1803. Die Hückeswagener Grafen veräußern 1259 das
Burghaus nebst Kirchspiel an die Grafen von Sayn zu Blankenberg und ziehen
sich auf ihre Herrschaft Huckwaldy in Mähren zurück.
Die Erben der Saynschen Grafen veräußern die Burg zu "Hainrode"
1363 an die Grafen von Berg. Ab dem Jahre 1393 ist Burg Honrath im Besitz
des Düsseldorfer Kollegiatstifts. Nach 1541 wechselt Burg Honrath mehrfach
den Besitzer. Seit 1616 sind die Besitzer von Burg Honrath gleichzeitig auch
die Herren auf Schloss Auel; u.a. gehört Burg Honrath von 1825 bis 1860
den Freiherren von La Valette St. George.
In der Mitte des 16. Jh. entwickelt sich die heutige vordere Burg mit ihren
kräftigen vorgesetzten runden Ecktürmen an der Südseite. Der
Neubau wurde über den heute noch erhaltenen Tonnengewölben eines
romanischen Kellers errichtet. Der rückwärtige Bau mit einem dritten
halbrunden Turm geht in späteren Jahren ab. Neben der
Rundbogeneingangstür sind noch Reste von Wappen zu erkennen. Des weiteren
sind an dem daneben befindlichen Turm Schießscharten zu sehen. Das
Gebäude erfuhr im Laufe der Zeit einige Veränderungen, so z.B.
an Fensteröffnungen und Dachformen. Die ehemals geschweiften Turmhauben
sind heute als Zeltdach ausgebildet. Der Grundriss bzw. die ursprüngliche
Raumaufteilung sind weitestgehend erhalten geblieben. Aus dem Flur sind Rundturm
sowie Keller zugängig, von dem aus nach alter Überlieferung ein
Fluchttunnel nach Schloss Auel geführt haben soll.
Gewölbeansätze im Keller, die zur Fundamentierung der Türme
dienen, sind fälschlicherweise als Stollenansatzöffnung ausgelegt
worden. Die Küche mit ihrem großen Rauchfang ist, wenn auch nicht
mehr in Gebrauch, in ihrer Form erhalten. Mittendrin steht eine über
zwei Geschosse führende Säule. Aus der Küche führt ein
Weg über eine steinerne Wendeltreppe in das Obergeschoss zum ehemaligen
großen Saal. Die darüber liegende Dachkonstruktion mit ihrem urigen
Eichenholzwerk unterstreicht die frühere Saalausbildung. Nach dem Umbau
des ehemaligen Kuhstalls wird die Burg heute ausschließlich als Wohnhaus
genutzt. Ein Besuch und Rundgang um die interessante Baugruppe aus Burg und
Kirche zeigt uns, wie die weltliche und kirchliche Macht im Mittelalter
verknüpft war.
Auf dem Rückweg zurück ins Aggertal, dem Waldweg durch den Kammerberg
folgend, erreichen wir die Agger bei Naafshäuschen, dessen Waldbiergarten
zur Erfrischung in schöner naturverbundener Lage winkt.
Auf der linken Seite der Agger, oberhalb Wahlscheids an der
Höhenstraße gelegen, finden wir den Rittersitz Haus Dorp. In einem
Verzeichnis des Abt Wolfard 1. von Siegburg wird ein Vasalle Gise von Blankenberg
zwischen 1320 - 1349 als Besitzer eines Hofes zu Dorp erwähnt. Um 1487
wird Haus Dorp als Untersasse des Herzogtums Berg erwähnt.. 1566 kommt
der Rittersitz durch Heirat an die reformierte Familie von Gülich. Dadurch
blieb Haus Dorp als alleiniger Rittersitz im Kirchspiel Honrath/Wahlscheid
nicht katholisch.
Später wechselte Haus Dorp mehrfach den Besitzer. An die Familie von
Gülich erinnert eine Grabplatte von 1631 mit dem Wappen des Geschlechts,
die z.Z. an einem Wirtschaftsgebäude im Innenhof angebracht ist. Im
19. Jh. wurde der Rittersitz als "freies allogiales Rittergut" (frei von
Abgaben) an Privat verkauft. Heute wird das Stammhaus von zwei Familien bewohnt,
die auch Eigentümer sind. Der Baukörper stellt sich als
zweigeschossiges rechteckiges Haus dar, das mit einem steilen, schiefergedeckten
Krüppelwalmdach abgeschlossen wird. Der Unterbau besteht teilweise aus
heimischem Grauwackemauerwerk, das stückweise verputzt ist. Auf der
Südseite ist das Obergeschoss einschl. dem Westgiebel verschiefert.
Die Fensterlaibungen sind mit Steinstöcken ausgebildet. Der Ostgiebei
ist verschalt und weist im oberen Teil Einfluglöcher für Tauben
auf. Die Traufwand im Hof hat aufgeputztes Schein-Quadermauerwerk. Besonders
sticht hier die Eckausbildung hervor, die als Mauerverzahnung plastisch aus
einem Eichenholzstamm hergestellt wurde. Das Gebäude wurde vor kurzem
aufwendig restauriert und stellt sich mit seinen Sprossenfenstern, frischem
Anstrich und Schlagläden sowie seinem neu verschieferten Dach von seiner
besten Seite dar. Zusätzlich wird die idyllische Hofsituation durch
die an der Hauswand befindliche Schwengelpumpe unterstrichen.
Heute wird Haus Dorp lediglich als Wohnhaus genutzt. Die anschließenden
Wirtschaftsgebäude werden von einem Reiterhof genutzt, der des öfteren
"auf Dorp" Turniere veranstaltet.
Beim Abstieg nach Wahlscheid in das Aggertal bietet sich die Möglichkeit,
im Gasthaus "Zur Sonne" zu verweilen, sich vor dem alten Fachwerkhaus unter
die skurril gewachsene Silberesche zu setzen und sich mit kühlen
Getränken und bekannt reichhaltigem Essen zu stärken.
Jürgen Latus
Quellen:
DEHIO, Handbuch Deutsche Kunstdenkmäler "Rheinland"
Lohmarer Heimatblätter
Untere Denkmalbehörde Stadt Lohmar
H.M.Wollschläger, "Burgen und Schlösser im Bergischen Land"
Deutsche Landeskunde Köln/Bonn
W. Pape, "Siedlungs- und Heimatgeschichte der Gemeinde Lohmar"
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